Foto-© Charlie Weinmann
Leave a little light on when you go
Leave a little light on so I’ll know
That you’ll always hear me when I call home
Leave a little light on, leave a little light on
Man, it’s hard to stay alive sometimes
So hard to sleep alone at night
Many people gonna spread some lies and
Many more gonna wear disguises
Keep laughing in spite of the darkness
Keep laughing in the faces of the heartless
Leave a little light on when you go
(White Denim – Light On)
Wenn englischsprachige Musikjournalisten freidrehende, gleichsam abgehobene oder selbstverliebte Schlaumeierei im Pop kritisieren wollen, fällt öfter mal die Redewendung “too clever for its own good”. Cleverness im Über-Maß also. Was das mit der neuen Platte von White Denim zu tun hat? Leider so einiges.
Denn der Titel ist noch das Unkomplizierteste daran. Schlicht und einfach 12 heißt das Werk (als zwölftes Studioalbum der US-Band, mit insgesamt zwölf Tracks), das nach dem Willen von Mastermind James Petralli wohl zum Opus magnum der Texaner werden sollte. Ist es aber dann nicht geworden, und das hat mit der Überspanntheit dieser Musik zu tun, die intellektuell zu viel will und emotional zu wenig liefert. Jedenfalls für die Ohren dieses White-Denim-Bewunderers der ersten Stunde (also ziemlich genau seit dem tollen Debüt Workout Holiday von 2008).
Damit ergeht es 12 wie manchen schwächeren Platten von Steely Dan, 10cc oder Joe Jackson: zu viel drin in dem Stil- und Genre-Mix aus Southern-Rock, Blues, Seventies-Soul, Funk, Jazz und Boogie; zu viele nur halb ausgereifte Songwriting-Ideen; zu viele Instrumente und Produktions-Gimmicks, die immer neue Türen öffnen, bis sich der Hörer in dem Labyrinth unrettbar verlaufen hat. Ihren Tiefpunkt erreichen White Denim auf 12 mit dem dritten Stück Flash Bare Ass, das ungeachtet – oder vielleicht auch wegen? – des Titels (“blitzeblanker Nacktarsch”) auf jeder Schlagerparty die berüchtigten Mithops- und Mitklatsch-Reaktionen auslösen dürfte.
Na klar, es sind auch ein paar starke Titel auf der Platte, etwa der coole Opener Light On, das von weiblichen Vocals geprägte Look Good oder der von Petralli ebenso schön soulig gesungene Midtempo-Groover Second Dimension. White Denim haben ihr Handwerk ja nicht verlernt, nur sind die Künste von Petralli und Co. diesmal nicht ganz so eindrucksvoll, wie man es sich von “einer der dynamischsten Rockbands dieses Jahrtausends” (PR-Info) nach längerer Wartezeit erhofft hatte.
Oft fehlen die einprägsamen Melodien und gefälligen Harmonien, die all die losen Fäden zusammenhalten, etwa im überladenen I Still Exist, in Swinging Door, das wie ein chaotischer Black-Keys-Song klingt, der einfach nicht zum Punkt kommen will, oder im Richtung Saxophon-Free-Jazz wegdriftenden We Can Move Along. “Es war schon immer schwer, mit der Gruppe von James Petralli Schritt zu halten, seit sie ’08 mit hyperkinetischen Post-Punk-Krachern (…) explodierte”, heißt es nun PR-seitig über 12.
Das Schritthalten mit dem Ideen-Kraftwerk James Petralli ist, jedenfalls für diesen Langzeit-Fan, bei 12 tatsächlich genau das Problem. “Selbst die Idee einer Band war vom Tisch“, sagt der Frontmann und Hauptproduzent selbst. “Auf dieser Platte sind viele Bands zu hören, manchmal im selben Raum wie ich, manchmal weit entfernt in einer entfernten Kollaboration, und dieser Prozess hat mir eine Menge Möglichkeiten eröffnet.” Ob das eine positive Entwicklung ist?
White Denim – 12
VÖ: 06. Dezember 2024, Bella Union
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