Foto-© Photo Felix Dickinson, Courtesy of NEON
If I were you, I wouldn’t want to get hurt even more.
(Herr König – Cuckoo)
Gretchen (Hunter Schafer) muss gegen ihren Willen aus den USA, mit ihrem Vater, Stiefmutter und Halbschwester Alma (Mila Lieu) in ein Ferienresort in den Alpen ziehen. Ein Resort, in dem ihr alle und alles merkwürdig vorkommen und sie seit Ankunft von alptraumhaften Visionen und Geräuschen heimgesucht wird. Einzig der Leiter Herr König (Dan Stevens) macht zunächst einen vertrauenswürdigen Eindruck und verschafft ihr einen Job an der Rezeption der Pension. Zusehends irritiert jedoch sein starkes Interesse an Gretchens Halbschwester und auch die Visionen und die nervenzerreißenden Geräusche treiben die junge Frau an den Rand des Wahnsinns.
Ab und an geschehen noch Wunder. Wunder wie dieser deutsche Horrorfilm, mit klar internationalen Ambitionen. Da in Englisch gedreht und international besetzt, primär aber weil er optisch wie inszenatorisch auf internationalem Niveau mithalten kann, vermag man es dem Film kaum anzumerken. Aber Regisseur und Autor Tilman Singers Cuckoo liefert hier genau das: einen deutschen Genre-Beitrag. Neben ein wenig Stolz ist das Schöne daran vor allem die besondere Atmosphäre und die Verweigerung internationaler Konventionen. Zunächst haben wir einen verworrenen Plot mit Experimenten, Geheimnissen aus der Vergangenheit und viel Raum für Interpretationen. Zugegebenermaßen auch für einige Plotlöcher. Grundsätzlich werden die Geheimnisse des Ferienortes aufgeklärt, das genaue was und wie der einzelnen Figuren bleibt jedoch offen und das ist gut so. Was sich zunächst ein wenig nach Twin Peaks anfühlt, wird zusehends düsterer und ja ein paar Horrorkonventionen unterwirft man sich dann doch. Wobei sich besonders einige Szenen, in denen sehr clever mit Zeitsprüngen und Zeitgefühl gespielt wird, herausstechen. Diese Sequenzen sind sowohl inszenatorisch als auch vom Grusel Highlights des Films. Schauspielerisch begeistern vor allem die schon erwähnten Hunter Schafer und Dan Stevens. Während Schafers Gretchen verletzlich und hart, bis trotzig wie auch feminin und maskulin wirkt (erfrischenderweise nicht unbedingt gleichzeitig), schwankt die Schmierigkeit von und die Antipathie gegen Dan Stevens Herr König nicht, sondern steigert sich kontinuierlich. Das Ganze herrlich eingerahmt in der frischen, wenn auch an sich authentisch angestaubten Atmosphäre des Alpenresorts. Viele werden es aus Urlauben oder deutschem Seriengut wiedererkennen, aber selten wurde es irgendwo zwischen Silent Hill, Resident Evil und Twin Peaks inszeniert.
Am Ende hat man sich innovativ gegruselt und viel (mit-)gelitten. Nicht alle Fragen werden beantwortet, aber manche davon regen durchaus zur Diskussion an und das ist ja auch gut so. Wer Cuckoo im Kino verpasst hat, dem sei dringend ein kleiner Urlaub in den Alpen beziehungsweise im Heimkino empfohlen.
Cuckoo (GER USA 2024)
Regie: Tilman Singer
Darsteller: Hunter Schafer, Jan Bluthardt, Marton Csokas, Jessica Henwick, Dan Stevens, Mila Lieu
Heimkino VÖ: 10. Januar 2025, Weltkino