WE LIVE IN TIME – Filmkritik


Foto-© Peter Mountain

Whether we like it or not, the clock is ticking.

(Tobias – We Live In Time)

In der Nacht, als Tobias Durand (Andrew Garfield) seine Scheidungspapiere unterzeichnet, wird er von einem Auto angefahren. Im Krankenhaus lernt er die Verantwortliche kennen: Almuth Brühl (Florence Pugh), die ein Restaurant mit bayerischer Fusion-Küche betreibt. Als Entschuldigung für den Unfall lädt sie ihn dort zum Essen ein. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Romanze, die nicht ohne Komplikationen abläuft: Almuth ist ihre Karriere sehr wichtig, doch Tobias möchte Kinder haben. Außerdem wird bei Almuth Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert. Sie lässt sich behandeln, wird wieder gesund – und schwanger. Die kleine Familie zieht in ein Cottage auf dem Land. Als ihre Tochter drei Jahre alt ist, bekommt Almuth die Chance, am Bocuse d’Or teilzunehmen, einem prestigeträchtigen Kochwettbewerb. Gleichzeitig scheint sich aber der Krebs zurückzumelden, und sie muss eine schwierige Entscheidung treffen.

We Live In Time ist zuallererst eine Liebesgeschichte, aber auch ein Familiendrama und eine Reflexion über das, was im Leben wichtig ist. Dabei erzählt Regisseur John Crowley (Boy A, Brooklyn) seine Geschichte nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern anhand einer Reihe von Momentaufnahmen von zentralen Stationen der Beziehung. Die non-lineare Erzählweise ist eine der Stärken des Films, auch wenn sie es zu Beginn etwas schwierig macht, sich den Figuren emotional zu nähern. Das machen aber die schauspielerischen Leistungen von Florence Pugh und Andrew Garfield wieder wett, die den Film mit ihrem Charme tragen. Das Einstreuen von britischem, absurdem Humor und die gut geschriebenen Dialoge, die nicht auf Klischees zurückgreifen und angenehm wenig Pathos ausstrahlen, verleihen dem Werk eine gewisse Leichtigkeit.

Genau das macht den Film aber auch insgesamt etwas zu hübsch, zu ansehnlich, zu poliert. Der Look ist zwar durchaus gelungen: Das Cottage der Familie ist ein absolutes Wohlfühlheim, mit gedämpftem Licht, einem großen Garten mit Hühnern etc., einem Kamin, einer lichtdurchfluteten Küche und tiefen Decken mit dunklem Holz. Jedes Zimmer strahlt Gemütlichkeit und warme Kuscheligkeit aus. Das nimmt den härteren Momenten der Story aber auch ihre Ecken und Kanten; das Krebsthema zum Beispiel und die Effekte der Chemotherapie werden zwar nicht ausgespart, aber doch recht flach gehalten und wirken immer noch wie eine Art vermarktbare Challenge für das garantierte Glück. We Live In Time wirkt mit seinen Wendungen außerdem manchmal unbeabsichtigt konservativ: Almuth lebt in der Stadt und will Karriere machen, aber das Glück wird eben doch eher als Landleben mit Kindern porträtiert, morgens Eier aus dem Hühnerstall holen und für seine Liebsten kochen statt für Preise und Kameras.

Fazit: Ein schön anzusehender, weitgehend kuschliger und dank seinen Darsteller*innen charmanter und unterhaltsamer Film, gut geeignet für Romantiker*innen in der kalten Jahreszeit, der es aber nicht ganz schafft, Kitsch zu vermeiden und bei den existenziellen Fragen recht flach bleibt.

We Live In Time (UK 2024)
Regie: John Crowley
Darsteller: Andrew Garfield, Florence Pugh
Kinostart: 9. Januar 2025, STUDIOCANAL

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Tamara Plempe

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