BON IVER – SABLE, fABLE


Foto-© Graham Tolbert

Walk home
Wanna be inside with you
Oh, walk home, back
Wanna be inside with you, —side with you

Can we stay inside this place?
Pull me close up to your face
Honey, I just want the taste
Uh, gimme right away
There’s just no more I can say sometimes
It’s more than I can take

No, we don’t need no window curtains
And we can let the light come in
And we can shed your earthly burdens
Of this I am certain of
You was made for me

(Bon Iver – Walk Home)

Nach allerlei Elektronik- und Autotune-Sperenzchen, nach seltsam versponnenen Album- und Songtitel-Experimenten (am krassesten beim 2016er Album 22, A Million mit Tracks wie 10 Death Breast, 33 ‚God’  oder 00000 Million) scheinen Justin Vernon und sein gefeiertes Bandprojekt Bon Iver jetzt ihre Neo-Folk-Bodenhaftung zurückerlangt zu haben. Jedenfalls ist SABLE, fABLE (okay, dieser etwas prätentiöse Titel musste dann wohl doch noch sein) zumindest in den Ohren dieses Hörers seine zugänglichste Indiepop-Platte seit langem. Mit zwölf Liedern, die sich auf seine vornehme natürliche Stimme (also nicht immer nur hochgepitchten Falsettgesang) und auf so transparente wie opulente Arrangements jenseits der bisweilen nervigen Artyness verlassen.

Da ist viel hymnischer Folk im Fleet-Foxes-Modus zu hören, wie man ihn von Bon Iver seit dem bahnbrechenden Debüt For Emma, Forever Ago (2007) eine Zeitlang gewohnt war, aber auch warmer, umarmender Neo-Soul wie im herrlichen Everything Is Peaceful Love (man möchte angesichts der Weltlage gern dran glauben…), einem der stärksten Vernon-Songs überhaupt, oder in der an Prince erinnernden Ballade Walk Home. Mit Day One (featuring Dijon/Flock Of Dimes) und If Only I Could Wait (featuring Danielle Haim) hat der mit einem dicken Szene-Telefonbuch ausgestattete Vernon auch wieder zwei sehr gelungene Duette im Angebot.

Das neue Bon-Iver-Album besteht im Prinzip aus der dreiteilige Songsammlung SABLE, („ein Akt der Verletzlichkeit und des Loslassens“, wie sein Label Jagjaguwar mitteilt) und aus einer sich anschließenden Reihung neuerer fABLE-Lieder. Oder, wie es weiter heißt: „Wo SABLE, ein Werk der Einsamkeit war, ist fABLE eine ausgestreckte Hand.“ Zu größeren Teilen dieses faszinierenden Werks gehe es um Liebe, um Sex und Sehnsucht – „eine ganze Zukunft vor Augen: ein Partner, neue Erinnerungen, vielleicht eine Familie“.

Unter solchen etwas kryptischen Interpretationsangeboten macht es Vernon also auch weiterhin nicht, aber das tut der eindringlichen Schönheit seiner aktuellen Musik ja keinen Abbruch. Nach dem krönenden Fünfminüter There’s A Rhythm, einer lupenreinen Country-Soul-Ballade inklusiver prächtig schluchzender Pedal-Steel-Gitarre und ergreifender Lead- und Harmony-Vocals, sagen Bon Iver mit dem sanften Ambient-Track Au Revoir genaus dies – „Auf Wiedersehen“. Sehr gern, Justin – du hast uns wieder! Tolles Album.

Bon Iver – SABLE, fABLE
VÖ: 11. April 2025, Jagjaguwar
www.boniver.org
www.facebook.com/boniverwi

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Werner Herpell

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