L.A. WITCH – DOGGOD


Foto-© Marco Hernandez

Pricked my heart on a thistle flower
Reds and blues hard to devour
A crown of thorns heavy in armor
Deconsecrate your beauty and power.

(L.A. Witch – Eyes Of Love)

Angesichts der Vehemenz, mit der Don Trumpeone seit der erneuten Amtsübernahme sein Ding durchzieht und mediale Aufmerksamkeit absorbiert, denkt man fast schon nicht mehr an die schlimme Feuerkatastrophe im Januar dieses Jahres. Der Wanst kümmert sich im Weißen Haus nicht die Bohne um Opfer von Bränden. Mitgefühl ist nicht sein Ding.

Da hat Sade Sanchez eine ganz andere Perspektive. Sie lebt in Los Angeles und hatte eine Ahnung, als sie das zweite Album ihrer Band Play With Fire nannte. Jetzt sieht sie einen anderen Gefahrenherd. Auf dem Cover von DOGGOD sticht ein Schwert in Jesuskreuz-Form ins Mark. Positioniert sich die Band gegen stockkatholisches Denken in weiten Teilen der USA? Ganz so tief geht es nicht, es gibt keine explizite Programmatik. In den neun neuen Songs entdeckt man keine Hinweise, dass sich Sade als Antichristin aufspielen will.

Nein, der Teufel liegt in der persönlichen Beziehungswelt. Dort fühlt sie sich unterjocht. „Hang me on a leash, till I wait for my release“, fordert sie im Titelsong. Das war schon so, als die Band vor 14 Jahren an den Start ging. Eigentlich wollte die Sängerin und Gitarristin mit Männern auftreten, aber sie durfte nicht, weil ihr damaliger Boyfriend nicht zustimmte, der kleine Trump. Also spielt sie zur Sicherheit mit Frauen, mit Irita Pai am Bass und Ellie English am Schlagzeug. Die Last des Leidens hat deshalb nicht nachgelassen. „You loved me like a precious doll, you licked me like a hungry dog, I was your lover in every life, I’m not alone or afraid to die“, resümiert sie mit Gothic-Touch in Kiss Me Deep. Ihr Problem ist, dass sie von den Kerlen nicht loskommt, ohne sie fühlt sie sich verloren. „I never felt seen until the day you looked at me, I never thought a gaze could haunt me, without you I feel lost at sea“, erklärt sie. Sie bringt das nicht aggressiv, sondern weggetreten wie Hope Sandoval zum Ausdruck.

Der Reiz der Stimme ist ein Grund, warum man sich in dieses Album verliebt. Ein anderer hat mit musikalischer Veränderung zu tun. Bisher legten L.A. Witch ein Geflecht zurecht, in dem düstere Psychedelia, Lo-Fi-Blues, vernebelter Garagenrock oder Surf-Twang vorkommen. Historisch denkt man an The 13th Floor Elevators, The Doors oder The Gun Club (dessen Ghost On The Highway das Trio gecovert hat). Jüngst bieten sich The Ettes oder ihre Labelmates The Coathangers als Beispiele an. Jetzt kommt in Icicle und 777 eine Mischung aus nörgelnden Schauergitarren und treibenden Rhythmen hinzu. Das erinnert an Joy Division oder The Cure. Nicht sehr originell, wenn man bedenkt, dass sich Robert Smith zurückgemeldet hat und es jüngere Post-Punk-Bands noch und nöcher gibt. Der Clou liegt in der richtigen Kombination. Sade und ihre Mädchen stürzen sich mit alten Einflüssen und neuen Lockungen in den Sog. Dadurch ist es abwechslungsreicher. In The Lines, einem Highlight der Platte, wummert der Bass, macht Ellie Tempo und lässt Sade mit nagenden Akkorden bibbern. Das kommt wie aus dem Fieberrausch und geht auch gut auf der Tanzfläche. I Hunt You Pray ist langsamer, gespenstischer, in sich gekehrter. „I am a ruin and I am ready to collapse on you“, beklagt die Sängerin. Damit unterstreicht sie einmal mehr ihr Ausgeliefertsein, ihre Sklavenschaft. Ich bin dir als Frau unterworfen, bin loyal bis zum bitteren Ende, gehorche mit hündischer Ergebenheit wie eine Gläubige – DOGGOD *.

Insgesamt ist L.A. Witch nichts zugeflogen, sie brauchten für alles fünf Jahre. Aufgenommen haben sie nicht zu Hause, sondern im Pariser Motorbass-Studio, das von Philippe Zdar eingerichtet wurde. Normalerweise ist das eine Heimat für alle, die französischen House-Sound lieben. So weit geht es hier nicht, aber der Groove spielt auf diesem Album fraglos eine tragende Rolle. So entwickelt sich ein Hexentanz, mit dem man super zum Schwung gegen Leiden aller Art ausholen kann. Wer weiß, vielleicht hilft der Pep im Schritt sogar, wenn es darum geht, den schlechtesten Präsidenten aller Zeiten zu verscheuchen.

(* schönes Palindrom übrigens)

L.A. Witch – DOGGOD
VÖ 4. April 2024, Suicide Squeeze
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